- Gibst du der Menschheit eine Chance?
fragte er beim Aperitif.
- Nein.
war ihre Antwort
- Warum nicht?
- Wir sind zu viele.
Die Austern kamen.
- Und wenn wir es noch abwenden können?
- Nein. Wir sind zu dumm.
Die Hauptspeise wurde serviert:
Sie hatte sich für Zuccini-Röllchen an Tomate und Polenta entschieden.
Er wählte wilden Seebarsch und die Gambakroketten.
- Und die Möglichkeit auf einem anderen Planeten zu überleben...?
- Nein. Das klappt höchstens bis in die dritte Generation.
Dann verrecken wir auch da.
Auf das Dessert verzichteten sie.
Sie waren satt.
Fokussieren
funktioniert
nicht mehr
Elan ist verpufft
Die Sinnlosigkeit
begriffen
Greifen nach
gar nichts
mehr
Erleichterte
Erheiterung
der eigenen
Ausdehnung
ins Leere
ist gar nicht
schwer
Am Ende der Welt
hör' ich den Toten zu
wie sie mir erzählen
von dem Gestern
von dem was war
und was sie
nicht vermeiden konnten
und vom unerträglich
steten "Schwatz" im damals
neuen Medium Radio
ein leises Rauschen nur
gegen die allgegenwärtige
Kakophonie im Heute
mit all ihrem Schwachsinn
in Bildern und Worten
potenzierend den ewigen
Hass und die Dummheit
in den Herzen und Köpfen
doch auf der Klippe sitzen
und dabei zusehen wie die
Wolken dunkler werden über
Europa und den Kontinenten
hilft auch nichts
ebenso wenig wie zu
springen also gehe ich
zurück um zu schreien
Silke Vogten, geboren 1966 in Oberhausen/Ruhrgebiet, studierte Politik- und Literaturwissenschaften. Abschluss an der Universität Duisburg. Seit Ende der 90er Jahre arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin. Sie lebte in Berlin und Köln und wohnt heute auf dem Land am Niederrhein nahe der niederländischen Grenze. Seit 2010 Herausgeberin des Kunstbriefes "escapade-belles-lettres". Sie publiziert Lyrik und Erzählungen.
Homepage: Brot + Lyrik