Am Freitag, den 7. Juli 2017 fand im Düsseldorfer Haus der Universität am Schadowplatz mit zwei Jahrzehnten Abstand das dritte OFFLYRIKFESTIVAL statt: 9 bundesweit seit vielen Jahren bekannte Szene-Autoren rezitierten ihre progressive Poesie in mehr oder weniger performativer Manier. Das Lyrikfestival bestand aus einem einzigen langen Event von 17 Uhr nachmittags bis 23 Uhr nachts. Die Moderation übernahm der Veranstalter selber: das G&GN-INSTITUT (Institut für Ganz & GarNix) in persona Tom de Toys, der bereits 1995 und 1996 die beiden vorherigen Festivals dieser Art (in Köln und Kiel) organisiert hatte.
Die Auswahl der Autoren erfolgte bereits 2015 (nachdem die offizielle Ausschreibung durch Pressepartner wie z.B. Fixpoetry und Lyrikzeitung publiziert war) gemäß dreier Hauptkriterien: einerseits
der performative Charakter, der vorallem durch die multimedialen/interdisziplinären Präsentationen von Harald 'Sack' Ziegler, RoN Schmidt und Maroula Blades
& George Henry gewährleistet wurde, andererseits die stimmakrobatische Expressivität, für die Kersten Flenter, Stan Lafleur und Thomas Havlik
bekannt sind, und drittens die gesellschaftskritische Tragweite der Poesie, die KEINE WASSERGLASLESUNG VON GEMÜSEDICHTUNG ist (in Anspielung auf den Büchnerpreisträger
Jan Wagner), sondern politisch motiviert und stilistisch abseits vom Mainstream des Literaturbetriebes. Diesen Aspekt garantierten nicht zuletzt Kai Pohl, Clemens
Schittko und Alexander Nitsche, aber ebenso alle vorher genannten Lyrikperformer. Die konkreten Darbietungen übertrafen die hohe Erwartung des Veranstalters und des Publikums um ein
Vielfaches, da es sogar zu Uraufführungen, Spontandichtungen und exklusiven Live-Variationen beliebter bekannter Texte kam!
Leider war der für 150 Leute bestuhlte Saal nur zu einem Drittel ausgelastet, was zu einer gewissen allgemeinen Enttäuschung führte, besonders auch weil fast der gesamte Düsseldorfer
Literaturstadt-Betrieb durch Abwesenheit glänzte (es war kein einziger Kollege z.B. vom Heine-Institut, Heine-Haus, BiBaBuZe, Literaturbüro NRW oder den Ddorfer Literaturtagen vorort).
Einzig und allein die Veranstalterin von Lyriklesungen in der Onomato-Galerie erfreute mit ihrem Erscheinen. Auch die Poetryslam-Szene nahm die Gelegenheit (abgesehen von einer Ausnahme) nicht
wahr, ihre eigenen, teilweise legendären Veteranen (aus den Anfängen der 90er Jahre) on stage zu erleben, obwohl deren Zusammenführung auf einer Bühne regelrecht Seltenheitswert hat und in dieser
Form für Düsseldorf sogar einmalig war. Von den 30 eingeladenen Schulen kam außerdem keine einzige Klasse (es waren überhaupt nur 2 Teenager anwesend), weshalb die vollständige Dokumentation mit
Fotos, Videos und Einzelauskopplungen (repräsentative Gedichte als Audiotracks) umso relevanter erscheint: unter www.SCHULGEDICHTE.de steht der gesamte Event nun zu poesiepädagogischen Zwecken auch zukünftig zur Verfügung. Mögen sich Generationen neuer Germanisten und engagierter
Lehrer daran erfreuen!
Aus Sicht des Veranstalters war der immense Werbeaufwand sogesehen umsonst: Anzeigenschaltungen in den wichtigsten Magazinen (coolibri, biogaph, Libelle, inDüsseldorf) und am Vortag des Events im
Header des Kulturteils der RP sowie zigtausend an Kulturorten platzierte Postkarten erfüllten nicht annähernd ihren Sinn. Andererseits lässt sich kaum auf all diese Werbung verzichten, da die
Erfahrung mit den sogenannten sozialen Medien als Alternative zur klassischen Werbung zeigte, dass gern geliket anstatt real gekommen wird. Letztlich hätte das Festival
eine größere Unterstützung durch die alteingesessenen Vertreter der Literaturstadt benötigt, um sein Klientel via Emailverteiler und Mundpropaganda zu erreichen.
Nichtsdestotrotz war das Festival für alle Beteiligten vor und auf der Bühne ein Erfolg, wie auch die unerwarteten Feedbacks von Zuschauern zeigen. Der technische Ablauf des Events war dank
engagierter HdU-Mitarbeiter nicht nur reibungslos sondern unbedingt weiterempfehlungswürdig – und die Autoren waren sowohl mit der logistischen Abwicklung, der Hotelunterkunft, dem Honorar als
auch mit der gesamten Organisation sehr zufrieden und bedankten sich beim Veranstalter mit Geschenken (eigene signierte Bücher und CD's von limitierten Editionen, die schon jetzt als historisch
wertvoll gelten!).
Der veranschlagte Gesamtpreis für die Veranstaltung lag um mehrere hundert Euro unter dem geförderten Budget, obwohl der Veranstalter Brutto und Netto in den Preislisten
verwechselt hatte und darum bei sämtlichen Rechnungen noch die fehlenden 19% Umsatzsteuer hinzukamen. Glücklicherweise gab es unerwartete Preissenkungen seitens vieler Vertragspartner:
Neukundenrabatte, Frühbucherrabatte und Kulturrabatte. Außerdem hatten sich alle Autoren um günstige Fahrtkosten bemüht, die dann im Endeffekt unter den Standardpreisen lagen.
Die benötigten Sachmittel wie z.B. Tesafilm (für die Außenwerbung) und Karteikarten (für Sitzplatz-Reservierungen) kamen erfolgreich zum Einsatz und die verbliebenen Postkarten erhalten nun einen
zusätzlichen gelben Aufkleber mit dem Hinweis auf die Dokumentation.
Dieses Festival ist dank seiner umfassenden medialen Dokumentation im Internet unter www.LYRIKFESTIVAL.de weiterhin als Aushängeschild für die LITERATURSTADT Düsseldorf geeignet und möge kommende autodidaktische Hartz4-Eventmanager und Protagonisten
aus dem subkulturellen Milieu anspornen, auch an die Freiheit der Kunst zu glauben und den seelischen Mehrwert von Kultur in die Öffentlichkeit
zu tragen, auch oder besonders in einer Epoche digitaler Zerstreuung, in der nicht nur Teenager lieber zuhause an ihren endgeilen Endgeräten chillen und das Leben second-hand(y) konsumieren
anstatt mit eigenen Augen zu entdecken, wie wild und kreativ Menschsein ist, wenn man beginnt, EIGENE FRAGEN zu stellen und EIGENE ANTWORTEN zu finden wie die Dichter und Denker
aus alten Zeiten… aus was: alte Zeiten? Nein: es gibt auch heute noch Künstler und Freigeister, die Dich fragen: "PARLEZ-VOUS POÉSIE?"