Klaus Sievers

12 WORTARBEITEN


2022

der ganze alte Kram

 

sich stemmen

strampeln

gegen den Strom

die Furchen ziehen

mit schwerem Gerät

beißen

den Schweinehund

übers Wasser gehen

auferstehen

der ganze alte Kram

 

 

2021

die Haut wird dünner

 

meine Haut 

sie wird dünner

erklärst du mir

kann das sein

legst meine Hand

auf dein Herz

ganz leicht

wir lachen

stehen zwischen 

Bad und Flur

und ich spüre 

wie es schlägt



2021

Missverständnis

 

ein Missverständnis

was ist schon passiert

willst du was trinken

geschieht Tag für Tag

ein falscher Moment

denk nicht nur an dich

wer soll dir glauben

du kommst drüber weg

 

 

2021

worauf warten

 

vieles bleibt dunkel

manches ein Rätsel

worauf willst du warten 

sich kümmern worum

gelöst die Bremsen 

das Wetter phantastisch

die Zukunft gefährlich

was für ein Tag



2020

hinunter ins Tal

 

während der Rede fällt mir 

die Großmutter ein

ihr gelähmtes Gesicht 

sie schneidet Nudeln 

aus hartem Teig

zusammen sind wir oft

den Weg hinunter

ins Tal gelaufen

mit leeren Kannen 

um frische Milch zu holen

einmal kam uns

im dreckigen Flur

der Pfarrer entgegen

er sah an uns vorbei 

und eilte hustend ins Freie

ein Kind des Bauern war gestorben

 

 

2021

im Schilf

 

einmal sind wir früh aufgebrochen

du wolltest mir den See zeigen 

wo du als Kind oft 

mit deinem Vater geangelt hast

ihr hättet selten etwas gefangen

doch wäret immer fröhlich zurückgekehrt

meine Helden

hätte die Mutter dann gerufen

 

im Schilf fanden wir das alte Boot

es erschien mir klein

doch wir stießen uns ab 

und mit kraftvoilen Schlägen 

rudertest du uns 

in die Mitte des Sees 

ich beugte mich über den Rand

ganz vorne am Bug 

und teilte mit meiner Hand 

das Wasser 



2021

riskant

 

mit Gretel das 

Polizeiauto kurzschließen

der Wachtmeister 

gefesselt im Kofferraum

das Krokodil sitzt hinten

und dann dem Teufel 

über den Schwanz fahren

 

 

2018

zack

 

ganz klar 

warum denn nicht

einfach mal  

so im Vorbeigehen

zack 

und zack

und dann nochmal



2020

Erleichterung

 

ich hab nachgesehen 

überall 

auf dem Schrank

unterm Bett

es ist wirklich wahr

sie sind alle weg

nirgends

ein einziger Nazi mehr

unglaublich 

nur alte Socken

es ist wie Zauberei

wir feiern drüben im Park

 

 

2016

der Zauberer

 

wir laufen los

nicht zu früh

nicht zu spät

 

über unseren Köpfen

fliegt der Zauberer

unbesorgt

seine weißen Schuhe

leuchten

 

du trägst

das Kleid 

einer Königin



2019

mutig

 

wenn ich den Hut abnehme

drehen sich die Worte

ich verstehe das Getrommel nicht

sprecht ihr über

meine Nächte im Keller

wichtig ist

wer aufsteht

muss gerade bleiben

durch meine Kehle

verläuft die Schusslinie

 

 

2018

Elefant

 

unser Zimmer ist viel zu klein

er wird sich langweilen

bitte bring den Elefant zurück

das war keine gute Idee



Klaus Sievers, geboren 1962 in Essen, aufgewachsen in Heiligenhaus, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Dort Studium 1981-1989 an der Kunstakademie bei Prof. Graubner und Prof. Bobek sowie 1989-1995 Visuelle Kommunikation an der Hochschule. Seit 2018 Kuratierung von Ausstellungen im Ministerium für Heimat, Bau, Kommunales und Gleichstellung NRW. 2010-2012 Lehrauftrag Zeichnung/Druckgrafik an der Universität Siegen. Seit 2006 Entwicklung und Koordination von Projekten der Kulturellen Bildung im Auftrag des Kulturamtes. Zahlreiche Stipendium und Preise, darunter 2022 FBZ Art Award des Forschungs- und Entwicklungszentrums für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum und 2004 Preis des Kulturministeriums NRW im Wettbewerb "Künstler begegnen Kindern und Jugendlichen".

 

Regelmäßige Einzelausstellungen, u.a. 2016 "Umwege" (Wortarbeiten) in der Kapelle des Universitätsklinikums Essen, 2010 "Keine Bilder", Johanneskirche (Stadtkirche), 1993 "Buchenwald. Ein Raum", Ringveranstaltung "Düsseldorfer Kultur gegen Fremdenhaß und Gewalt", Stadtmuseum.

 

Teilnahme an Gruppenausstellungen z.B. 2022 "die Große", Museum Kunstpalast, 2021 "Ja und nein", onomato (im Rahmen des Festivals "Digitale Düsseldorf"), 2018 "der dunkle Blick auf die Natur", Kulturbahnhof Gerresheim; 2017 "Edition 12-21" (Licht-Projektion), Kunsthalle; 2011 "tierisch menschlich", Alte Post Neuss; 2005 Große Kunstausstellung, Messe; 2002 "der Erlkönig ist da" (Audio-Performance), Goethe-Museum; 1998 "ArToll 98", Rheinische Landeskliniken Bedburg-Hau; 1995 "50 Jahre Kriegsende und Befreiung", BBK Niederrhein/Kempen; 1989 Große Kunstausstellung NRW, Kunstpalast.

 

Homepage: www.klaus-sievers.de & Socialmedia: instagram.com/klaus.sievers.art/